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Reisen mal anders

Willi packt... es

Willi und ich beschlossen, zu neuen Ufern aufzubrechen. Diese sollten endlich einmal wieder im deutschsprachigen Raum liegen, soviel stand für uns fest.
Dadurch, dass wir in den vergangenen Jahren immer möblierte Häuser gemietet hatten – wie es in Spanien so üblich ist – dachten wir, wir würden mit leichtem Gepäck reisen. Da war der Willi, unsere Hündin Luna und ich. Dann noch der PC, TV und noch ein paar Kleinigkeiten.
Willi meinte, es sei das Beste, er würde einen Anhänger kaufen. So sparen wir uns einen Beipack bei der Spedition, könnten frei bestimmen wann wir abfahren und den Anhänger später sogar wieder mit Gewinn verkaufen.
„Ein Anhänger?“, fragte ich ungläubig. „Wie groß soll der denn sein? Mein Bett (das Geschenk eines guten Freundes) muss auf jeden Fall mit!“
„Das mach ich schon. Alles überhaupt kein Problem“, meinte Willi.
Es begann die Sucherei im Internet und schon bald waren wir im Besitz eines sehr schönen Anhängers – 1,20 x 2 Meter.



Copyright Peter Fenge, pixelio.de

Gleichzeit sammelten wir in jedem Supermarkt stabile Kartons, um auch ja alles gut und sicher zu verpacken.
In unserer spanischen Casita war Platz genug, diese Kartons zu stapeln, nachdem sie mit meinen 200 Büchern, den Klamotten, die nach den radikalen Aussortieren noch übrig blieben, Geschirr und Gläsern, Lebensmittelvorräten, Töpfen und Pfannen und was weiß ich nach und nach angefüllt wurden. Die Teppiche sollten auch mit, denn natürlich mein wunderbarer Schreibtischsessel , der Schreibtisch selbst, der Schubladenschrank, die Regale und nicht zu vergessen: Das gesamte Werkzeug von Willi, angefangen vom Allesschneider bis hin zur Zylinderkopfdichtung. In Willis großem Schlafzimmer stapelten sich die Kartons bereits bis zur Decke – und die paar eigenen Möbel waren noch nicht einmal dabei.
„Das passt scho“, meinte Willi. „Du darfst nicht vergessen, dass wir den Anhänger bis unter die Plane beladen können. Ich krieg da alles unter!“
Ich rechnete nach. Wenn wir den Anhänger wirklich total beladen ohne Luft zwischen den einzelnen Stücken zu lassen, ständen und ca. 3.6 Kubikmeter zur Verfügung. Dann rechnete ich aus, was allein an Kartons bereits aufgestapelt war. Hm...
Es kam zum ersten Streit. Es fielen Sätze wie: „Was willst Du mit den ganzen Büchern? Die hast Du doch eh schon alle gelesen!“, „Warum willst Du die Pflanzen mitnehmen? Die gehen doch eh alle ein in der Kälte!“, „Warum muss eigentlich Dein Bett mit? Das neue Haus ist doch voll möbliert!“ bis hin zu „Den Schreibtisch brauchst Du nicht. Ich bau Dir einen viel schöneren!“
Ich verschenkte bis auf einen mir wirklich sehr am Herzen liegenden Rest meine geliebten Bücher und schweren Herzens die wundervollen Pflanzen. Doch selbst nachdem ich auf Bett und Schreibtisch voller Einsicht verzichtete, hatten wir immer noch Kartons, die mindestens zwei Anhänger gefüllt hätten.
Ich rief eine mir bekannte Spedition an und fragte, was der Kubikmeter Beiladung kostet, wenn wir die Sachen direkt ins Lager nach Altea bringen.
Kurz und gut: der Preis stimmte und Willi belud den Anhänger mit nicht so brennend wichtigen Dingen. - Um es gleich vorweg zu nehmen: Willi musste noch einmal fahren. Die Spedition nahm insgesamt rund 3 Kubikmeter von uns als Beipack mit.
Ein Umzug besteht aus mehr als dem Packen. Unsere Luna war in ihrem Leben nur dann mit dem Auto mitgefahren, wenn es zum Tierarzt ging. Da man in Spanien Hunde fast nirgends mitnehmen durfte und es auch die meiste Zeit im Jahr zu heiß war, Luna im Auto warten zu lassen, hatte sie wenig Erfahrung mit dem Vehikel. Wir begannen, sie auf jeder Fahrt mitzunehmen, auch wenn es nur in den nächsten Supermarkt ging. Dabei stellten wir fest, dass es unmöglich für das große Tier war, eine Strecke von über 2.500 Kilometern auf dem Rücksitz zu verbringen. Die Bank war zu schmal, Luna konnte sich nicht einmal richtig umdrehen, geschweige den sitzen auf dem weichen Untergrund.
Aber Willi hatte mal wieder die zündende Idee: er nahm die Rücksitzbank raus und schnitt ein Brett so zurecht, dass es genau den gesamten Boden hinter den Vordersitzen abdeckte. Darauf kam ein Teppich und Lunchens geliebte Schmusedecke – schon hatte sie reichlich Platz, konnte stehen, liegen, sitzen und sich ohne Probleme bewegen. Wenn Luna nun mit uns fahren durfte, konnte sie allein einsteigen, denn es war ja nicht mehr so hoch ohne Sitz. Sie konnte sich hinsetzen und rausschauen, da sie festen Halt hatte. Das Problem war gelöst.
Der Tag der Abreise näherte sich und Willi begann, den Anhänger zu bepacken.
Der Berg Kartons im Schlafzimmer wurde zusehends kleiner und kleiner. Wie schon erwähnt kamen Laptop und mein Rechner, das Fernsehgerät und noch einige kleine Kostbarkeiten direkt in den Kofferraum des Mercedes. Oben drauf die bezogenen Bettdecken und das restliche Bettzeug, da wir nicht lange suchen wollten, wenn wir am Ziel angekommen sind.
Endlich war es dann soweit und Willi kam strahlend ins Haus.
„Alles verpackt! Habe ich es nicht gesagt? Ein Anhänger reicht vollkommen für unsere paar Sachen!“, meinte er selbstzufrieden.
Ich schaute ihn nur an. An die Spedition wollte ich ihn lieber nicht erinnern, seine Stimmung würde eh bald in den Keller gehen.
„Lieber Schatz“, sagte ich vorsichtig, „da wäre noch die Microwelle, der Staubsauger und noch ein paar Kleinigkeiten...“
Willi schaute sich entsetzt die Gerätschaften an.
„Also im Anhänger ist kein Platz mehr, der ist voll bis unter die Plane. Dann muss eben Luna etwas von ihrer Bank abgeben!“
Na, das kommt ja nun überhaupt nicht in Frage, dachte ich mir. Über 2.500 km und der Hund soll eingezwängt werden? Nein! Also verabschiedete ich mich mit einer Träne im Augenwinkel auch noch von meiner Microwelle, dem kleinen Backofen und dem Staubsauger.
„Okay“, resignierte ich, „dann pack jetzt wenigstens diese beiden schönen Teppiche oben auf die Sachen. Dann sind wir fertig.“
„Was willst Du denn mit den Teppichen?“
„Also Willi, ich brauche auch im neuen Haus Teppiche. Und diese beiden liegen mir sehr am Herzen. Es sind noch Stücke von meinen Eltern!“
Willi nahm mich an die Hand und führte mich auf den Hof zum gepackten Anhänger. Das Ding war inzwischen so rappel voll, dass nicht einmal eine Zeitung mehr hineingepasst hätte.
Man kann sich schon denken: Wir ließen auch meine schönen Teppiche zurück im angemieteten Haus.
Endlich ging die lange Reise los. Lunchen musste ihren großen Platz nur mit einer kleinen Kühltasche teilen. Ihr Wasser und der Napf waren auf der hinteren Ablage untergebracht. Kleine Leckerlis füllten das Handschuhfach. Jedes Plätzchen war belegt.
Nachdem ich die Schlüssel abgegeben hatte und wieder zu meiner kleinen Familie ins Auto stieg, meinte Willi freudestrahlend:
„Siehst Du? Du bist immer viel zu pessimistisch. Ich habe alles untergebracht – sogar Deine ganzen Teddys!“
Ich schaute ihn an und konnte nicht anders als ihm einen Schmatz zu geben und herzhaft zu in sein Lachen einzustimmen.
Wir waren on the road again!

 
Lilac Namez, Spanien 2011





Endlich die eigenen vier Wände

Als ich Kind war, lebten meine Eltern und ich in einem eigenen Haus.
Als ich verheiratet war, lebte mein damaliger Mann und ich in einem eigenen Haus.

Als ich nach Spanien zog, lebte ich mit meinem Ex in einem eigenen Haus.

Dann kam die Trennung und fortan lebte ich zur Miete in fremder Leute Häuser.

In Spanien bin ich oft umgezogen, obwohl ich jedes Mal einen mehrjährigen Mietvertrag hatte. Doch irgend etwas stimmte nie.Entweder wollten die Vermieter plötzlich ins eigene Haus, die Miete wurde in geradezu sittenwidriger Form erhöht, das Haus stellte sich als Schimmelpilz mit vier Wänden dar... Irgendwas war immer. Über zwei Jahrzehnte lief dieses Theater, dann endlich ging ich in Rente. Nun waren wir frei, mein jetziger Mann und ich.

Sein Traum war von jeher, in einem Wohnwagen zu leben. Er hatte bereits Erfahrung damit gesammelt, wenn diese auch rund dreißig Jahre zurücklagen. Seit Langem schon lag er mir in den Ohren, doch endlich in die eigenen vier Wände zu ziehen – und zwar in einen WW. Keine Vermieter mehr und wenn die Nachbarschaft uns nicht behagt – anhängen und weiterfahren.

Nun war also die Rente durch und das Thema WW kam wieder auf den Tisch. Diesmal gab es für mich kein Ausweichen, ich musste mich ernsthaft mit dem Herzenswunsch meines Partners auseinander setzen. Er malte mir das Leben im Wohnwagen in den schillerndsten Farben aus und machte sich gleichzeitig auf die Suche nach so einem Gefährt. Natürlich hatten wir gewisse Vorstellungen, die sich nicht immer unter einen Hut bringen ließen, aber einig waren wir uns in diesen Punkten:

– getrennte Festbetten

– Nasszelle mit Dusche und Toilette

– Küche mit Kühlschrank, Kocher und was so dazu gehört

– Mindestens 5 m lang und 2,30 m breit (Innenmaße)

Ich hätte dann gern auch noch einen Doppelachser, denn – so dachte ich mir als Frau – wenn ein Reifen platzt, ist immer noch ein zweiter da.

Da wir bisher immer möbliert gewohnt hatten – in Spanien ist das hat so üblich – machte ich mir keine Sorgen um das Platzangebot in einem WW. Wir hatten ja nicht viel und reisten „mit leichtem Gepäck“ - dachte ich.

Die Sucherei nach einem geeigneten Vehikel begann. Im Internet wurden tausende von WW angeboten. Natürlich suchten wir zunächst in der direkten Umgebung. Es gab schon ein reichhaltiges Angebot, doch die Preise überstiegen unser Budget.

Endlich fanden wir einen – gar nicht weit weg, meinte Willi – und fuhren an einem sonnigen Wochenendtag zur Besichtigung. Wir brauchten Stunden, um zum Stellplatz zu kommen!

Endlich kamen wir an und der Besitzer wartete bereits. Als wir uns dem Objekt Willis Begierde näherten, folgte bei mir eine schlagartige Ernüchterung. Die steigerte sich noch, als ich mich dann durch den engen Zugang – genannt „Tür“ quetschte, um einen Blick ins Innere zu werfen. Ja, um Himmels Willen war das eng! Die getrennten Festbetten waren vorhanden, eine Küche auch, aber die Winzigkeit von „Nasszelle“ hatte keine Toilette und nur ein winziges Waschbecken. Das ging nun schon gar nicht.


Copyright siepmannH, pixelio.de

Ich nahm unseren Hund und machte einen Spaziergang. Möglichst weit weg von diesem Stall auf zwei Rädern, denn ein Doppelachser war es natürlich auch nicht. Endlich war die Unterhaltung der Männer vorüber und ich ging zurück zu Willi. Wir stiegen in unser Auto und fuhren weg. Willi hatte natürlich sofort gesehen, wie schockiert ich über diesen WW war und da der Verkäufer auch noch auf seinem irren Preis beharrte, konnten wir diese Fahrt getrost als Sonntagsausflug ansehen.

Okay. Der WW war zu klein. Er hatte so um die 4.50 m Aufbaulänge. Das ging nicht, denn wir wollte ja fest in so einem Ding wohnen.

Zu Hause ging die Sucherei weiter. Angebote auf allen möglichen Web-Seiten. Sobald etwas Vernünftiges angeboten wurde, schrieb ich eine Mail an den Anbieter. Nach einiger Zeit lernten wir, auf das Einstelldatum zu achten, denn es gab unendlich viele Anzeigenleichen dabei.

Um es kurz zu machen: Nach einigen Monaten der Sucherei hatten wir insgesamt sieben WW in die nähere Auswahl genommen. Willi machte mit den Händlern und Privatanbietern Termine aus und reiste im September allein los. Frau und Hund blieben daheim – aus Kostengründen und um die Nerven von Willi zu schonen.

Als Erstes fuhr er nach Frankfurt an der Oder. Schon beim Anblick des Platzes konnte er sich vorstellen, was ihn erwartete. So war es dann auch. Ohne hier in die Details zu gehen: Eingeschlagene Heckscheibe bei einem, muffiger Geruch beim anderen WW. Einer schien es zu sein, doch als Willi ihn mit der Hand drehen wollte, bewegte sich zwar der Aufbau, nicht aber der Rahmen. Den konnte man also auch vergessen. Doch endlich, der letzte Wagen auf der Liste ganz oben in Hamburg, der war es dann. Ein Hobby 530 ADX mit einer Breite von 2,20 m, getrennte Festbetten im Bug, U-Sitzgruppe im Heck, Küche, Nasszelle mit Toilette und Duschwanne. Basta!

Im Triumphzug ging es heim. Willi war restlos begeistert, denn selbst wenn wir die Reisekosten hinzurechneten, war der WW immer noch wesentlich günstiger, als vergleichbare Angebote in der näheren Umgebung.

Fortan wurde Willi kaum noch gesehen. Er werkelte im WW. Die Betten flogen raus. Er fertigte neue mit richtigem Umbau für Stauräume und Lattenrosten. Auch neue Matratzen wurden gekauft. Aus der U- wurde ein L-Sitzgruppe, das brachte Platz für den Hund und sowieso. Der große, auf zwei Füßen stehende Tisch flog raus. Willi baute einen kleineren, der nur auf einem Fuß steht. Dieser Fuß ist jetzt mit einem Scharnier versehen, so dass man ihn kippen kann, um besser an die Stauräume zu kommen.

Als das alles soweit fertig war, nahm Willi mich bei der Hand und zeigte mir sein Werk. Schmuck, das musste ich schon anerkennen. Dann zeigte er mir den für mich vorgesehenen Stauraum. Ich fiel aus allen Wolken. Wie sollte ich meine Klamotten denn dort unterbringen? Und meine ganzen Bücher? Und meine Teddybärsammlung, meine schönen Töpfe und Pfannen, das reichhaltige Geschirr...???

Okay! Ich ging mit Kartons beladen in mein Schlafzimmer, öffnete den großen Kleiderschrank und packte alles in den linken Karton, was ich im ganzen vergangenen Jahr nicht getragen hatte. Der Karton war schnell voll. Übrig blieb ein überschaubarer Rest, der sicher auch im WW Platz finden würde. Mit den Schuhen würde es noch ein Problem geben. Nein, ich gehöre nicht zu den Schuhfetischisten unter den Frauen, aber drei Paar Sandalen, zwei Paar Turnschuhe, neuerdings ein Paar Stiefel und ein Paar Schneeschuhe... Dazu noch die Hausschuhe. Das braucht alles seinen Platz.

Es folgte das Bad. Ach herrje! Ich entsorgte an die 20 Fläschchen Duftwasser, alle Medikamente, die ich nicht mehr benötigte, die abgelaufen waren oder die ich nicht ohne neuerliche Verschreibung schlucken würde. Wieder war ein Karton voll mit unnützen Sachen entsorgt.

Meine Bücher! Nein, es gibt Sachen im Leben, von denen Frau sich nicht trennt. Dazu gehören die Bücher und meine Teddybären. Und für beides fand sich ein Platz. Die Teddys kamen auf eine relativ schmale Ablage über den Betten, die eh zu nichts zu gebrauchen war. Damit sie nicht runter fielen, fixierte ich sie einfach mit Doppelklebeband. Basta. Und nun zu den Büchern.

Natürlich konnte ich nicht alle behalten, aber hatte mein lieber Mann nicht aus der U- eine L-Sitzgruppe gemacht? Also ergab sich doch dort ein wunderbarer Platz für eine kleine aber feine Bücher-Stellage. Und trotz allem Einfallsreichtum wird noch die eine oder andere Träne fließen, wenn es dann auf die große Reise geht. Meine Bilder, der bequeme Schreibtischsessel, die kleinen Schränkchen – all diese Dinge, die man sich zulegt, obwohl man möbliert wohnt.

Würde ich damit fertig werden? Natürlich, es sind ja nur „Sachen“ und mein Fotoalbum habe ich vorsichtshalber schon einmal eingescannt, denn nicht von allen Erinnerungen mag ich mich trennen.

 
© Lilac Namez, Austria 2011




Die Abreise - Austria 2011


Unsere Abreise gestaltete sich etwas nervig. Der WW war gepackt, der Zugwagen davor gespannt, mit Schneeketten auf den Antriebsrädern. Nun kam die Vermieterin, um gemeinsam mit uns den Stromstand zu notieren und die Schlüssel in Empfang zu nehmen. Sie heulte, gemeinsam mit mir, wie ein junger Seehund. Auch für mich war der Abschied schmerzhaft, denn wir hatten einige Monate in einem wirklich wunderschönen Haus mitten im Wald wohnen dürfen.







Wir wurden noch beschenkt mit Weihnachtskeksen für die Reise und einer verpackten Flasche. Als wir diese später auspackten, bekamen wir einen Lachanfall. Es war genau die Flasche Brandy Carlos I, die wir zu unserem Einzug aus Spanien für den Herrn des Hauses mitgebracht hatten.

Egal, uns interessierte es in diesem Moment viel mehr, wie wir den Berg runter kamen. Willi sass hinter dem Lenkrad, Lunchen auf ihrem großen Platz hinter uns und ich saß neben Willi, frisch geduscht und gebohnert, wie es sich für eine so lange Reise gehört.

Als wir endlich unten waren – nach gefühlten drei Stunden – hatte ich keine Fingernägel mehr, die Haare waren verzottelt vom Tüddeln und meine Klamotten konnte man auswringen. Ich war fix und fertig. Ich hätte wirklich gern Fotos von dieser Traumwelt aus schneebeladenen Tannen gemacht, habe aber leider versehentlich in die Kamera gebissen. Die ist hin! Ich will nicht mit Details langweilen, doch eines möchte ich anmerken: Seitdem wir von unserem Berg runter und durchs Dorf durch waren, haben wir keinen Fatz Schnee mehr gesehen – bis die Pyrenäen auftauchten. Das muss man sich mal geben!

Allerdings ist inzwischen unser kleines Häuschen in der Steiermark schwer verschneit. Die drei Töchter des Bauern (der ja auch der Vermieter war) kommen nicht einmal mehr mit den frontangetriebenen Spikereifen ohne Hilfe von Papas Traktor den Berg hinauf. Nun sage noch einer, wir hätten einen falschen Zeitraum für unsere Abreise gewählt.
Na Servus!



Der erste Reisetag

Die Reise begann gemächlich,



denn wir hatten uns entschlossen, sie als Urlaub zu betrachten und in mundgerechten Happen die Strecke Steiermark – Moraira zurück zu legen. So peilte Willi als ersten Stopp die Gegend um Villach an. Am Wörtersee kannte er sich aus und wusste die schönsten Campingplätze. Teuer würden sie in dieser Zeit ganz sicher nicht sein.Es ist doch ein gutes Gefühl, einen Einheimischen zur Seite zu haben. Wir umkreisten den halben Wörtersee, ohne auch nur den Schatten eines Campingplatzes zu finden. Willi meinte dann, in Velden sei sicher einer. Wir fuhren in diesen Ort des Luxus und sahen die tollsten, modernsten Wohnmobile dort stehen. Eines schöner und teurer als das andere. Was es allerdings nicht gab war ein Campingplatz. Wir umkreisten diverse Seen in der unmittelbaren Umgebung und fanden auch endlich die ersehnten Plätze – doch leider waren alle geschlossen.

Männer, besonders einheimische, pflegen nicht zu fragen. Doch nun schaltete ich mich ein, denn ich hatte diese sinnlose Fahrerei satt. Was das wieder an Benzin kostet! Ich ging in ein Luxushotel, hinter dem fast verborgen durch eine hohe Hecke, lauter Wohnwagen und Wohnmobile zu sehen waren. Dort erhielt ich eine abweisende Antwort. Der Platz war geschlossen. Doch die Dame der Rezeption fragte ganz einfach im Touristenamt von Velden an und ich bekam die Adresse eines Landgasthofes. Dort konnte man stehen und bekam Strom. Allerdings nichts mehr. Aber wir waren ja schon dankbar, würden wir endlich einen Platz mit Stromversorgung bekommen, denn den brauchte ich dringend zum Betrieb meines Sauerstoffgerätes. Wie abhängig Krankheiten einen doch machen!

Flott fuhren wir ins beschriebene Dorf, hinter der Kirche links rein und – standen vor den Ausfahrtoren einer Feuerwehr. Willi wollte wenden, doch ich hatte neben dem Gebäude eine Polizeiwache gesehen. Nix wie rein und fragen. Noch verstanden mich ja alle, denn wir befanden uns noch in Österreich. Der Polizist erklärte mir den Weg: Einfach und verständlich doch so absolut unterschiedlich von der früheren Beschreibung der Rezeptionsdame. Egal. Ab ins Auto und hin, es war ja nur zweimal um die Ecke. Wir fanden den großen Gasthof „Roseggerhof“ in Rosegg auch sofort und ich ging in die Wirtsstube, um zu fragen, wo wir uns hinstellen könnten.

„Nirgends! Die Saison ist längst vorbei. Kommen Sie im Frühjahr wieder!“, sagte der etwas bollerige, aber freundliche Wirt. Seine Frau gesellte sich zu uns. Ich erklärte den Wirtsleuten, dass ich dringend Strom für die Nacht brauchte und warum. Sofort bekam der Wirt den Ellenbogen der Wirtin in die Taille und aufgrund dieser freundlichen Aufforderung ging er mit uns hinaus. Direkt neben dem Haus, gut geschützt, sollten wir stehen. Den Strom schaltete er frei. Ich war so glücklich, dass ich fragte, ob wir denn auch etwas bei denen zum Essen bekämen. Natürlich konnten wir. Was? Na, Schnitzel natürlich. Aber das war mir jetzt schon so was von egal!

Die erste Nacht war etwas problematisch. Noch nie hatte ich in einem 80 cm breiten Bett geschlafen. Meine Breite lag eher bei 1.40 m – sehr komodig also. Es kam hinzu: Kein Handgriff saß. Wo ist das? Wo ist dies? Im Grunde wundert es mich, dass wir überhaupt irgendetwas wiederfanden von dem, was Willi mit männlichem Sinn für Ordnung und praktischer Einteilung verpackt hatte.

Mir war kalt – Willi holte Wolldecken.

Mir war heiß – ich warf die Decken auf den Boden.

In meinem Bett war kein Platz für mein Kuschelkissen, also fiel es irgendwann hinaus und zwar genau auf die Luftzufuhr meines Sauerstoffgerätes. In Panik wachte ich auf, doch Willi fand sofort den Fehler (nachdem er über die von mir auf den Boden zwischen unseren Betten geschmissenen Decke gestolpert war).

Willi brachte Wasser, Willi beruhigte mich, Willi ging mit dem Hund.

Bei so viel Fürsorge könnte man auf den Gedanken kommen, dass ich ein entspanntes Leben an Willis Seite führe. Doch wer das denkt, weiß eines nicht: mein zweiter Vorname ist „Stress“!



Der zweite Reisetag

Natürlich gab es bei diesem Stellplatz keine sanitären Anlagen. Also war Katzenwäsche angesagt. Aber einen guten Kaffee schenkten die Wirtsleute aus, gegessen haben wir später eines der mitgebrachten belegten Brote aus dem Kühlschrank des Wohnwagens. Nach einem langen Spaziergang mit Luna wurde der Wohnwagen angehängt und es ging weiter. Bezahlt haben wir für diese Nacht 8 Euro. Natürlich haben wir nie im Leben so viel Strom verbraucht, aber der Stellplatz war es wert und einen 5-Liter-Eimer gutes österreichisches Trinkwasser durften wir auch noch zapfen.

Nun ging es auf zum Gardasee und damit zum einzigen Campingplatz, den ich mir im Internet herausgesucht und einen Lageplan gedruckt hatte. Nach einer problemlosen Fahrt kamen wir beim „Camping *** Amici di Lazise“ an. Wir waren früh dran, so dass wir noch im Hellen alles anschauen und einchecken konnten. 26 Euro kostete der Spaß, wobei 3 Euro auf Luna entfielen. Wir stellten uns auf den zementierten Teil des Platzes, da wir gleich am nächsten Morgen weiter wollten und den Vorteil sahen, einen halbwegs geraden Platz erwischt zu haben – was auch stimmte.




Ich kann diesen Campingplatz nicht mit gutem Gewissen weiterempfehlen. Es ist ein Stellplatz, mehr nicht. Dafür aber mit Preisen wie eine Luxus-Unterkunft. Die sanitären Anlagen der Männer waren nicht gerade sauber, die der Damen hatten den zusätzlichen Nachteil gefühlte 50 Stufen unter denen der Herren zu liegen.

In der Rezeption bot man uns an, im angeschlossenen Lokal zu essen. Doch das wollten wir nun wirklich nicht. Ich hatte einmal gehört: „Richtige Spaghetti kann man nur in Italien essen!“ Und genau das wollte ich unbedingt ausprobieren. Wir setzten uns also ins Auto und suchten in den überraschend belebten Ortschaften nach einer Trattoria, Osteria oder Pizzeria, die bereits um 17 Uhr etwas zum Essen anboten. Wir hatten Glück und fanden ein kleines Lokal, vor dem sich mit Sicherheit 10 Wohnmobile tummelten. Es gab auch Essen zum Mitnehmen, das mag die Erklärung für diesen Auflauf gewesen sein.

Doch wir wollten nichts mitnehmen, sondern uns ins Lokal setzen, das original italienische Ambiente aufnehmen und uns mit Leckereien verwöhnen lassen. Willi hasst Spaghetti, liebt aber Bolognese Sauce. So bestellte er sich Penne a la Bolognese. Für mich war die Bestellung nach einem kurzen Blick auf die bunte Speisekarte keine Frage: Spaghetti Carbonara. Hmmmmm..... Dazu ein Viertele Chianti, was sonst?

Der Wein wurde serviert und war durchaus trinkbar. Dann kam auch bald das Essen. In die Mitte des Tisches stellte der Kellner ein Deckelgefäß mit frischem Parmesan. Das ließ sich alles nicht schlecht an. Willi gabelte einige seiner Penne, wälzte sie in der köstlich duftenden Bolognese Sauce und schwelgte. „Köstlich! Einfach köstlich!“, nuschelte er.

Ich griff zur Gabel – die Spaghetti wurden selbstverständlich ohne den in Deutschland üblichen Löffel serviert – und rollte genüsslich einige Nudeln auf. Augen zu, Mund auf und sich ganz dem echten italienischen Genuss hingeben. Der leicht cremige Geschmack der Sauce kitzelte an meinen Geschmacksnerven, dann biss ich in die Spaghetti.

Voller Entsetzen riss ich die Augen wieder auf. Was war das denn? Al dente??? Wie sagt der Koch im Fernsehen immer: wenn man die Spaghetti an die Wand schmeißt und sie bleiben kleben, dann sind sie richtig al dente. Nun, wenn man diesen Test mit den auf meinem Teller liegenden Nudeln machen würde, wäre wahrscheinlich kein Putz mehr an der Wand. Die Dinger waren absolut hart. Nichts von wegen "leicht kernig im Biss" sondern der absolute Kernbiss. Grauslig. In meinem Frust trank ich den Wein und wollte mich anschließend mit einem original italienischen Tiramisu trösten. Doch Tiramisu war aus. Und aus war es auch mit meiner Liebe zur italienischen Küche – solange sie nicht vom Italiener nebenan in Deutschland, Österreich oder Spanien stammte!

An diesem Abend gingen wir zeitig ins Bett. W-LAN bzw. WiFi hatte der Platz nicht zu bieten, zum Lesen hatten wir keine Lust. Also lieber schlafen und dafür morgens früh wieder auf die Piste.

Eingeschlafen sind wir ca. gegen 1 Uhr, da bis zu diesem Zeitpunkt laufend Wohnmobile eintrafen. Camping Amici de Lazise war im weiten Umkreis der einzig geöffnete Platz und somit Anlaufstelle für all die Leute, die nichts vom Wild-Campen hielten. Nach einer also doch relativ kurzen Nacht ging es weiter in Richtung Frankreich.


Der dritte Reisetag
Es ist so eine Sache, in der absoluten Tot-Saison Campingplatz-Hopping machen zu wollen. Die Preise sind niedrig, denkt man sich. Was leider jedoch nicht immer stimmt. Klar ist eigentlich nicht viel los, da aber nur 1 % aller Plätze geöffnet haben, konzentriert sich der Durchreiseverkehr genau auf diese Plätze, macht sie dadurch begehrt und... teuer.

Menschen sind nun einmal gierig.

Ich hatte den Wunsch, unbedingt einmal in Frankreich zu übernachten und dort ein Restaurant aufzusuchen. Wie viele Jahrzehnte lag mein letzter Frankreichaufenthalt schon zurück!

Bei Genua verließen wir die Autobahn, um möglichst nah an der Küste weiter zu fahren, da sich dort erfahrungsgemäß die meisten Plätze befanden. Es gab auch viele Plätze, doch die meisten waren geschlossen. In Imperia – kurz vor San Remo – wurden wir fündig. Die Sucherei hatte Willi schon wieder ganz wuschig und mich nervig gemacht.

Als er das Schild eines Campingplatzes sah, bog er ohne zu zögern dort rein. Die Schranke war hoch, der Platz geöffnet. Willi stieg aus und sprach mit dem Betreiber, der Niederländer war, wie man es unschwer am Namen des Platzes erkennen kann. Als Willi wieder aus der Rezeption kam, folgt ihm eine unglaublich schmierige Gestalt, die mich erschaudern ließ. Doch Willi strahlte: gleich dort vorn ist ein Platz, dicht neben den sanitären Anlagen. Bezahlt hatte er auch schon: 24 Euro, wobei der Hund gar nicht berechnet wurde.




Irgendwie beschlich mich das Gefühl, nicht gerade die geborene Camperin zu sein. An jedem Platz hatte ich bisher etwas auszusetzen. Und hier sollte es noch schlimmer kommen. Ich machte einen langen Spaziergang über den Platz und fand heraus, dass wir uns mitten im Slum befanden. Überall stand Sperrmüll, das Laub lag wie ein dicker Teppich auf allen Wegen und Vorzelten. Hier konnte jeder Hund unbehelligt seinen Geschäften nachgehen – es würde nicht einmal auffallen.





Ich brachte Luna zurück und besichtigte die sogenannten „sanitären“ Anlagen.

Um mir keine Beleidigungsklage einzufangen, verzichte ich an dieser Stelle auf die detaillierte Beschreibung dessen, was sich stolz Dusche und Toilette nannte. Ich erinnerte mich an die gefühlten 50 Stufen von gestern. Doch dann dachte ich an den von uns in Spanien reservierten Platz, den wir kannten und sah positiv in die Zukunft.

Immerhin winkte ja am Abend ein zweiter Versuch mit italienischem Essen. Diese Aussicht erhellte meine Stimmung sofort. Da wir jedoch fast unsere gesamte letzte Barschaft dem Campingplatzbetreiber übergeben hatten, musste zunächst ein Bankautomat gefunden werden. Wir verließen den Platz und damit auch unseren Camper und fuhren im Ort Imperia die Hauptstraße rauf und runter. Wir sahen viele funkelnde Lichter in der inzwischen angebrochenen Nacht, doch kein einziges einer Banco. Kurz vor der totalen Verzweiflung half uns ein sehr freundlicher Italiener. Ich stellte ihm sehr langsam in Spanisch die Frage nach Bank – er verstand und erklärte mir genau so langsam und deutlich den Weg. Wir waren glücklich und einige Minuten später auch wieder mit Bargeld „beströmt“. Das blieb uns auch vollzählig bis zum nächsten Tag erhalten, denn wir fanden einfach kein Restaurant! Lag das jetzt an uns???


Der vierte Reisetag

Müde und hungrig wachte ich am nächsten Morgen auf. Nachdem wir am Abend vorher zwar ein italienisches Restaurant fanden, jedoch weit und breit keinen dazu passenden Parkplatz (und Willi ist wirklich ein Einpark-Künstler), gab es einen heftigen Streit. Natürlich hatte ich die Schuld, denn ich war überreizt und hungrig. Willi ist zwar sehr häufig hungrig, aber nie überreizt.

Aus Trotz bin ich dann eben hungrig ins Bett gegangen und schlief entsprechend schlecht. Endlich wurde es Zeit zur Abreise in Richtung Frankreich. Wenn ich dort nicht mindestens eine Käseplatte bekäme, konnte Willi die Fahrt ohne mich fortsetzen, drohte ich ihm an.

Lunchen saß auf ihrer Rückbank – sie hatte am meisten Platz von uns allen – und muss sich wohl über die komischen Menschen gewundert haben. In ihren Augen war sicher alles paletti. Es gab nicht die langweilige Hausmannskost für sie, sondern immer mal zwischendurch ein Leckerli. So konnte es für sie sicher noch eine Weile weitergehen.

Wir fuhren ca. bis Narbonne, gingen dann von der Autobahn runter. Eigentlich hatten wir vor, die Autobahnen überhaupt zu meiden, um Geld zu sparen. Doch das ist weder dem Wohnwagen noch unserer Muskulatur gut bekommen. Die Straßen sahen alle sehr gut aus, doch der Wohnwagen hinter uns tänzelte durch die von den LKW verursachten Bodenwellen. Das übertrug auch natürlich auf das Zugfahrzeug. Es war ganz fürchterlich und ich war froh, noch meine eigenen, festgewachsenen Zähne im Mund zu haben. Wer weiß...?

Es hätte mich gleich misstrauisch machen sollen, mit welcher Leichtigkeit wir einen Campingplatz fanden. Viele Plätze frei, 18 Euro für Gespann, Mensch und Tier. Warme Duschen und laut Aussage des freundlichen Franzosen selbstverständlich WiFi und außerdem morgens ab 8 h frisches Baguette im kleinen Laden neben der Rezeption.

Ich war bereits landfein, als Willi noch unter der Dusche herumtrödelte. Die Zeit nutzte ich, um schnell einmal ins Internet zu sausen. Hm.... Nach einigen Versuchen gab ich es auf. Willi probierte es dann ebenfalls. Nichts war mit WiFi. Das Büro war natürlich inzwischen nicht mehr besetzt und es wurde auch Zeit, endlich ein gemütliches, verträumtes, romantisches französisches Restaurant zu suchen. Wir fuhren die Strecke, die mir vorher der Platzwart erklärt hatte. Sei ganz leicht zu finden: Zurück bis zum Kreisverkehr (ja, auch in Fronkraisch), dann gleich die erste Rechts, ca. 10 km, voila!

Hatte sich was mit „voila“! Das Restaurant fanden wir – aber es war dicht!

Irgendetwas in mir begann zu gären. Also zurück zum Kreisverkehr und in alle möglichen Richtungen ca. 10 km weit gefahren. Wir kamen durch ein nettes Dort mit einer noch netteren Fischhalle – doch es gab einfach kein Restaurant.

„Sag mal, essen die Franzosen nicht? Genauso wenig wie die Italiener?“, fauchte ich los.

Willi blieb cool und versprach, heute würde ich ganz bestimmt in einem französischen Restaurant satt werden. Doch ich hatte da meine Zweifel, denn wir waren an der letzten Kreiselabfahrt angekommen. Doch plötzlich tauchten auf der rechten Seite Lichter auf. Lichter? Ein ganzes Lichtermeer. Und nein: es war kein Industriegebiet! Es war ein überdimensionales Einkaufscenter.

„Voila! Wo ein so großes Einkaufscenter ist, gibt es auch Restaurants“, meinte Willi siegessicher und umkreiste die einzelnen Blöcke. Der einzige Laden, der etwas auf dem Teller versprach, war MacDonalds.

Nein! Nein! Nein! Nur das nicht. Ich ging erst einmal in ein Carrefour und holte ein Baguette. Seit der Sache mit dem WiFi glaubte ich nicht mehr so recht an das frische Brot am kommenden Morgen. Als ich zum Auto zurück kam, stand Willi neben dem geöffneten Kofferraum, legte das Brot hinein (Luna ist nämlich ziemlich gefräßig und ein Gitter zwischen ihrer Rückbank und den Vordersitzen gab es nicht mehr), schloss den Kofferraum, nahm mich an die Hand und schleifte mich über den Platz zu MacDonalds.

„Ich habe Dir ein französisches Essen versprochen und ich halte mein Wort! Hier bekommst Du einen echten französischen Burger! Voilá!“ grinste er mich an.

In meinem absoluten Frust legte ich mich erst einmal mit dem Personal an. Ich wollte einen Big-Mac, aber ohne Mac, dafür jedoch mit doppeltem Fromage. Außerdem Vin Rouge. (`tschuldigung, ich kann kein Wort Fromage...äh... Französisch). Sehr freundlich wurde mir erklärt, dass ich zwar Bier aber keinen Wein haben könne.

„Wieso?“ - Ja, weil das nun mal so sei. - „Das ist eine Diskriminierung der Weintrinker. Und das im Lande des Beaujolais!“ Ich war empört und wollte dann gar kein Getränk, dafür aber zwei Big-Mac ohne Mac. So! Willi stand neben mir und wand sich wie ein Aal. Er fiel mir in den Rücken, deutete auf ein abgebildetes Fleischbrötchen und das war es dann für ihn. Klar war er mal wieder der Liebe von uns beiden. Grrrrrr....



Copyright Sebastian Karkus, pixelio.de

Ich schlief schlecht in dieser Nacht, da die beiden Doppelwopper oder wie immer die Dinger sich nennen mit Extra-Fromage doch etwas schwer verdaulich waren. Aber ich habe nichts stehen lassen, sagte ich mir stolz zwischen zwei Bauchkrämpfen.

Am nächsten Morgen war ich mit der Hassmütze auf dem Kopf um 8 Uhr in der Rezeption und verlange drei Baguette (der Laden war dicht, ich hatte mich vorher abgesichert) und eine Portion WiFi zu unserem Wohnwagen. Der Mann entschuldigte sich mit einem Achselzucken für das fehlende Brot und fragte dann, wieso ich Probleme mit dem WiFi hätte.

„WiFi kaputt! Voilá!“, antwortete ich in nun schon immer flüssigerem Französisch. Da erklärt mir dieses Männeken doch, dass es absolut keine Probleme mit WiFi gebe, solange man sich an den Tisch auf der Terrasse vor der Rezeption setze. Es war ar.....kalt, doch ich trabte zum WW (Willi war eh noch unter der Dusche), nahm meinen Laptop und setzte mich zum Trotz ans Tischchen vor die Rezeption. An diesem Tag schickte ich das erste kurze Lebenszeichen in die Welt hinaus. Mit roten Fingern packte ich all meine Sachen wieder ein und warf meinen Kopf in den Nacken, als ich am Mann der Rezeption vorbei kam.

Meine Güte, morgen würden wir endlich Spanien erreichen. Da ist zwar auch nichts besser, aber die Leute verstehen mich wenigstens!


Der fünfte Reisetag

Zurück ging es auf die Autobahn in Richtung spanischer Grenze. Als die Pyrenäen in Sicht kamen, mussten wir wirklich lachen: Es war der erste Schnee, den wir seit unser „Abfahrt“ vom Berg sahen. In ganz Österreich und auch sonst nirgendwo hatten wir Schnee gesehen. Und jetzt dieser herrliche Anblick der majestätischen Gipfel. Endlich überfuhren wir die Grenze. Spanien war erreicht.

Es war noch früh und wir fuhren durch bis Tarragona, wo wir die Autobahn verließen. Es reihte sich ein Campingplatz an den nächsten, die meisten jedoch waren geschlossen. Dann sahen wir auf der gegenüberliegenden Seite einen Platz mit weit geöffnetem Tor. Das konnte ja nur bedeuten, dass er offen war. Wir also rüber und wollte in die Rezeption. Bereits vorher schon wurde ich von zwei Arbeitern informiert, dass der Platz geschlossen sei und man nur aufgrund der Renovierungsarbeiten das Tor offen gelassen hatte. Wie ärgerlich.

Ich stieg wieder ins Auto und Willi bog nach einigem Warten – der Verkehr war fürchterlich – von der Campingplatz-Einfahrt links auf die gegenüberliegende Fahrspur der Carretera. Die Auffahrt war ziemlich steil nach oben, so dass weder Richtungspfeile noch sonstige Markierungen auf der Fahrbahn von Autoinneren aus zu sehen waren.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis uns ein Zivilfahrzeug der Polizei stoppte. Papiere, Führerschein, Versicherung – alles wurde vom Polizeichef eingesammelt. Willi musste in unserem Wagen sitzen bleiben, während der Beamte in seinen Wagen stieg und – so nehme ich mal an, anhand der langen Zeit – die Dokumente genau untersuchte und in der Zentrale nachfragte. Ihm kam es wohl eigenartig vor, dass ein Österreicher mit einem spanischen Führerschein den spanischen Wagen einer anderen Person fuhr. Hm. Doch es stimmte alles. Es kam also zurück und klärte Willi wirklich sehr freundlich darüber auf, dass der vom Campingplatz aus nicht hätte links abbiegen dürfen. Ob er denn die Fahrbahnmarkierungen nicht gesehen habe. Willi erklärte ihm, dass es bei der Auffahrt recht steil bergan geht und er daher wirklich keine Markierungen sah.

Trotz Willis Entschuldigung und Erklärung gab es natürlich ein Knöllchen. Wenn wir es bis zum 20. Januar zahlten, wurden aus dem 80 automatisch 40 Euro. Puh! Das ging ja gerade noch. Trotzdem unnötiges Geld, wie auch Willi eingestehen musste. Doch wer ist schon fehlerfrei?

Ein paar Kilometer weiter fanden wir dann einen geöffneten Platz, der auch einen recht ansprechenden Eindruck machte. Nachdem ich die Pässe auf den Tisch der Rezeption gelegt hatte, sprach mich die Dame gleich in Deutsch an. Sie war selbst Deutsche. Ich war wirklich überrascht, wie viele Landsleute von mir in Rezeptionen von Campingplätzen arbeiteten.

Der Platz nannte sich „Camping ARC de BARA“ und es kostete 21.50 Euro, um mit dem Gespann, zwei Personen und einem Hund die Nacht dort verbringen zu dürfen. Bei fast allen Plätzen wird beim Strom unglaublich zugeschlagen.In diesem Falle waren es 4 Euro pro Tag.




Das erste Ziel waren für mich natürlich mal wieder die sanitären Anlagen. Ich machte mir inzwischen schon einen Sport daraus, Duschen, Toiletten und Waschgelegenheiten zu inspizieren. Auch hier war es das gleich Problem, wie bei den meisten Plätzen. Die Duschen verfügten zwar über heißes Wasser, doch sie befanden sich im Halbfreien. Das bedeutet, es waren keine abgeschlossenen Kammern, sondern zwischen Tür und Dach oder zwischen Wänden und Dach befanden sich rund 30 cm hohe Abstände, die den Wind so richtig schön durchpfeifen ließen. Im Sommer kein Problem, doch auch in Spanien kann es im Winter ganz schön kalt werden.

Während ich dieses schreibe, schwant mir so langsam, wo ich mir meine dicke Erkältung eingesammelt habe: In den Duschen zwischen Österreich und Moraira.

Ich freute mich schon auf den ersten Strandspaziergang mit Lunchen. Es sollten ja nur 60 m vom Platz bis zur ersten Welle sein. Ich folgte den Anweisungen und verließ durch eine Tür den Campingplatz Richtung Meer. Doch anstatt zum laut vernehmbaren, verheißungsvollen Rauschen der Brandung nun auch den entsprechenden optischen Eindruck zu bekommen, fand ich mich auf einem unglaublich großen Parkplatz wieder. Gerade in diesem Moment kam ein Auto von der Rückseite auf den Parkplatz gefahren und hielt in meiner Nähe. Wahrscheinlich wollten die Besitzer in das Restaurant des Campingplatzes. Ich fragte, wie ich zum Meer käme.

Man erklärte mir: Das Meer liegt dort im Westen. Um hin zu gelangen, überquert man den Parkplatz in seiner ganzen Breite, um dann durch ein Türchen in der Ostseite am Ende den Platz zu verlassen. Dann geht man von außen um den Platz herum – der übrigens die Dimension eines Fußballfeldes hatte – und findet an der Westseite den Strand und das Meer. Man wünschte mir noch grinsend einen angenehmen Fußmarsch und ließ mich stehen.

„Weißt Du was, Luna? Dann warten wir doch einfach noch einen Tag. Dann sind wir in Moraira und können mit dem Auto fast bis ans Wasser fahren. Okay?“, befragte ich unseren Hund. Luna ist ja leider inzwischen auch etwas hüftlahm, daher meinte ich in ihren Augen so eine Art von Erleichterung zu erkennen. Ich lieferte Lunchen bei Willi ab und machte mich auf den Weg zum Duschen.

Wie es so üblich ist, schloss ich die Boxentür hinter mir und begann mich zu entblättern. Hui...fresco! Doch eine heiße Dusche würde mich schon wärmen. Meine Klamotten hängte ich an dafür vorgesehene Hacken an die Wand in die Nähe der Außentür. Ich trat etwas beiseite und drehte die Dusche auf. Nach einiger Zeit kam tatsächlich schön heißes Wasser. Was für ein Genuss. Ich stellte mich mit geschlossenen Augen unter das köstliche Nass und ließ mich erst einmal so richtig durchmassieren von dem sehr kräftigen Wasserstrahl. Nach der üblichen Reinigungsprozedur griff ich zu einem Handtuch, um mich abzutrocknen und anschließend die nassen Haare unter einem Turban zu verdecken. Der Griff zum Handtuch ließ mich erstarren. Es war klitsch-nass! Ebenso das zweite Handtuch und meine sämtlichen Klamotten incl. der Schuhe. - Na, so ein verd...... Mist. Der Duschstrahl war wohl so heftig eingestellt, dass er gleich den gesamten Raum von der Decke bis zum Boden durchnässte. Ich fasste es nicht. Ein Handy hatte ich nicht dabei, um Willi nach neuen Handtüchern zu schicken. Aber wahrscheinlich wäre selbst das Handy den Wassermassen erlegen. Also Handtücher auswringen, so gut es ging damit abtrocknen (inzwischen war mir so was von kalt) und die nassen Klamotten übergestreift (wozu hatte ich mich vorher eigentlich abgetrocknet?). Dem Himmel sei Dank waren es nur wenige Meter bis zu unserem Schneckenhaus. Schnatternd und bibbernd kam ich dort an, schob Willi zur Seite und den Schieber der Gasheizung auf Vollgas.

Vom Essen will ich gar nicht erst anfangen. Wir blieben zu Haus, denn mir war irre kalt und Willi hatte eh mehr Lust auf das Bett als auf das Suchen eines Restaurants.


Der 6. Reisetag - Ankunft

Ein Morgenspaziergang mit Luna machte mir klar, dass dieser relativ große Platz wohl in erster Linie von Dauercampern eingenommen wurde. Nur die kleine Wiese, auf der wir und ein paar andere Camper die Nacht verbrachten, war für durchreisende Gäste vorgesehen. Die meisten Dauerlager waren natürlich im Winter unbewohnt. Nur aus ein paar wenigen alten Wagen schien Licht. Anhand der Unansehnlichkeit drängte sich mir der Verdacht auf, dass hier Menschen Unterschlupf gefunden hatten, denen es finanziell ganz schlecht ging. Die Crisis treibt seltsame Blüten – so bietet sie zum Beispiel eine ganz neue Einnahmequelle für Ganzjahres-Campingplätze.

Wir reisten ab und kamen ohne weitere Probleme an unserem Zielort „Camping-Moraira“ an. Ein gepflegter Platz, nicht zu groß, sogar mit Meerblick. Die Duschen nicht nur gepflegt, sondern in extravagantem Stil.





Allerdings auch nicht wintertauglich. Das merkte ich nach meiner ersten Orgie unter dem heißen Wasser: Sobald man es abdrehte, um sich abzutrocknen, spürte man den kalten Wind durch das zu beiden Seiten offenen Gebäude sausen. Doch ansonsten merkt man dem Platz die Liebe zum Detail und die gute Pflege durch Reinigungs- und Gartenpersonal an. Der Platz – normalerweise recht teuer – bietet all denen einen 60 prozentigen Rabatt an, die länger als 30 Tage bleiben. Dieses Angebot haben wir natürlich angenommen, da wir genau diese Zeit benötigen, um einige Angelegenheiten in Spanien zu regeln.



 









Ach ja, Moraira. Wir besuchten unsere alte Heimat und feierten Weihnachten dort. Natürlich ging es nicht ohne einen Besuch der Cafetería vom Pepe La Sal ab, mit ihrer dezenten Weihnachtsdekoration



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Wir besuchten den Calper Hafen, um noch einmal einen köstlichen Salat und anschließend eine Seezunge zu genießen.

Und wir erfreuten uns an der Natur, die zu dieserm Jahreszeit so viel bunter war als in Austria 










Bevor es dann auf einen Platz in der Nähe von Valencia ging, da ich ja leider ins Krankenhaus La Fe muss und so Willi in der Nähe bleiben kann, ohne die endlose Fahrerei von Moraira nach Valencia, stellten wir fest, dass die kleine Russisch Orthodoxe Kirche bei Altea immer noch nicht fertig gestellt war.




















Die Rückreise - Spanien 2012

Wir hatten genug von Moraira und zogen nach Valencia. Im Internet hatte ich mir einen Campingplatz ausgesucht, der nur wenige Kilometer südlich der Großstadt lag und trotzdem mitten in einem Naturschutzgebiet. Das versprach gute Luft bei absoluter Großstadtnähe. Und genau auf diesem Platz erlebte ich meinen ersten Sturm im Wohnwagen. Für einen Neuling ist das ein einschneidendes Ereignis und ich war sehr froh, dass wir mit dem WW direkt neben einer hohen Hausmauer standen, die die größten Windböen abhielt. Doch während Willi schon lange in seiner Koje im Lande der Träume weilte, saß ich immer noch in der Sitzecke, versuchte mich mit dem Internet abzulenken und hielt mich bei jedem Windstoß am Tisch fest.


Es war wohl der schrecklichste Platz, den ich während unserer Reise kennenlernen musste.


Hier ein Beispiel eines Dauercampers:

 


Das Problem waren natürlich mal wieder die sanitären Anlagen. Ja, mei, ich bin halt eine Frau und dazu nicht einmal mehr die jüngste. Und wenn ich mich dann auf einem Campingplatz wohl fühlen soll, muss zumindest der Reinlichkeit Genüge getan werden. Das war dort nicht möglich. Als ich das erste Mal auf diesem Platz auf die Toilette ging, machte ich eine sehr unangenehme Erfahrung: Hinsetzen war überhaupt kein Problem. Allein: Ich kam nicht wieder hoch. Die Becken waren derart niedrig, dass meine eingeschränkte Kraft es mir nicht ermöglichte so einfach wieder aufzustehen. Es gab keinerlei Halt in dieser einsamen Kammer. Es gab auch keine Camper weit und breit. Ich werde hier nicht in die näheren Details gehen, wie ich dem Gefängnis entfliehen konnte, ohne vorher zu verhungern. Es war mein erster und letzter Besuch dieses „Örtchens“. Ich wich dann auf die Behindertentoilette aus, die zwar nicht abschließbar aber dafür verlassbar war.

20. Januar

Heute zogen wir um von unserem Campingplatz um auf einen benachbarten, da er über sehr gepflegte, fußbodenbeheizte und endlich einmal winterfeste sanitäre Anlagen verfügt. Neben einem anderen Wohnwagen und einem Wohnmobil waren wir zunächst die einzigen Gäste auf einer mit einigen Bäumen bestandenen „Wiese“. Als wir am nächsten Morgen aufwachten, war der Platz bereits gut besetzt und es wurde zum Wochenende immer mehr. Die meisten Camper empfanden – so wie wir – es als sehr angenehm in unmittelbarer Nähe zu Valencia zu sein und die Bushaltestelle direkt vor dem Platz vorzufinden.
Es war ein „Durchgangsplatz“ für Camper, die auf dem Weg nach Norden oder Süden hier eine Pause einlegen, um sich z.B. in Ruhe die schöne Stadt Valencia anzuschauen. Ein längerer Aufenthalt bietet sich auf dem Platz nicht an – auch aufgrund der Tatsache, dass es nur im Bereich des Empfangs einen kleinen WiFi-Empfang gibt. Also wieder, wie schon in Frankreich, draußen sitzen um zu surfen, die Bankkonten zu überprüfen oder einfach einmal eine Mail abzusetzen.







Großstadtluft – nach 22 Jahren das erste Mal!

Heute sind Willi und ich von unserem Campingplatz aus nach Valencia rein gefahren, um den Weg zum neuen Hospital La Fe kennen zu lernen. Ich habe in einigen Tagen einen sehr frühen Termin. Sich dann nicht zurecht zu finden wäre nervig. Wir fanden die neuen, imposanten Gebäude sofort wieder, denn ich war ja bereits Anfang dieses Jahres einmal dort gewesen. -

Das eigentliche Ziel dieser Fahrt war jedoch das Einkaufszentrum „El Saler“, welches sich von Süden kommend kurz vor dem La Fe befindet. Wir fuhren sicherheitshalber gleich ins Parkhaus. Wer hat schon Lust, in Valencia nach einem Parkplatz zu suchen? Schon die Einfahrt ins Parkhaus verärgerte mich. Rund herum stehen protzige Gebäude, zum Teil wirklich ohne Sinn und Verstand, doch im Parkhaus ist es so eng, dass eine große Limousine kaum um die Kurven kommt. Aber ich wollte mich nicht ärgern, sondern mit Willi diesen Ausflug so richtig genießen. Wir parkten auf dem Platz Q3. Das wollte ich mir gut merken, denn mir schwante schon, dass es sich um ein ziemlich großes Parkhaus handelt. Bis zum Eingang ins EKZ waren es nur wenige Meter. Dann ging es mit einem Rollband eine Etage tiefer. Es war kurz vor 10 h und überall herrschte noch Totentanz. Nur die Cafés hatten bereits geöffnet und waren gut besucht. Und da sah ich ein Schild, groß und breit in der Mitte stehend: „WiFi gratuito!“. Einige Leute saßen auch bereits mit ihrem Notebooks an den Tischen und waren fleißig am Schreiben. Wir hatten unsere nicht dabei. Zum einen wollten wir uns damit nicht abschleppen und zum anderen hatten wir gar nicht damit gerechnet, dass es diese Möglichkeit dort gab. Wir tranken unseren Café con leche und warteten darauf, dass die Geschäfte endlich öffneten. Um kurz nach 10 h ging es los mit dem Geschäftsbummel. Wir trauten unseren Augen kaum. Nach 22 Jahren in einem Dorf in Spanien und 9 Monaten in einer Berghütte in Österreich tat sich vor unseren Augen das Paradies auf – und dazu auch noch zur Zeit des Winterschlussverkaufes. 70%, 60%, 30 % - die Rabatte sprangen einem nur so in die Augen.


                                          Copyright: G, pixelio.de

 



Bei C&A (ich dachte, den gibt es nur in Deutschland!) fand Willi endlich ein T-Shirt in olivgrün, passend zu seiner Hose – für ganze 6 Euro. Und ich einen schönen V-Ausschnitt-Pullover für 9,50 Euro. Genau die Farbe, nach der ich gesucht hatte. Er liegt auf meinem Bett, denn bisher traue mich nicht ihn anzuprobieren. Hoffentlich geht es nicht aus, wie es fast jedes Mal bei uns ist: Ist mir zu klein, für Willi gerade richtig... Ich würde mich wirklich ärgern. Ich glaube, wir hätten uns beide sehr gern bei C&A mit Winterklamotten für Österreich eingedeckt... die Vernunft und der Geldbeutel ließen es nicht zu. Aber Willi hatte sein Shirt und ich meinen Pullover. Wir verließen zufrieden und begeistert von der Vielfalt des Angebotes und den irren Preisen das Geschäft. Eigentlich wollten wir ja eh nur Zucker und Nudeln beim Carrefour kaufen. Doch es dauerte ziemlich lange, bis wir endlich dort anlangten. Zwar folgten wir immer brav den Wegweisern, doch... Hindernisse in Form von herrlichen Geschäften und sooooo tollen Dingen in deren Auslagen verlangsamten unseren Weg. Wir hatten das Gefühl direkt im Einkaufsparadies gelandet zu sein.

Endlich im Carrefour eingetroffen, erledigten wir unsere Einkäufe mit letzter Kraft. Willi war schon maulig, denn er konnte nicht mehr. Sein marodes Knie meckerte vor sich hin und ich war auch schon ziemlich lahm auf den Beinen. So ein riesiger Supermarkt ist wirklich etwas Wunderbares, doch wenn man am Ende seiner Reserven angelangt war und einen freundlichen Verkäufer fragt, wo denn der Zucker ist und dieser einen durch den ganzen Laden einige gefühlte hundert Meter wieder zurück schickt, fange ich an für Tante Emma Läden zu schwärmen. - Müde packten wir unsere neu erworbenen Schätze in den Einkaufswagen und schauten uns um. Wohin nun? Wo war der Ausgang zum Parkhaus? - Ich fragte die Kassiererin.

Das Wort „depende“ (es kommt darauf an) kennt jeder, der nur ein wenig mit Spanien zu tun hatte. Es ist fast so bekannt wie „mañana“ (morgen). Also es kam darauf an. Worauf? Auf die Parkplatznummer nahm ich an und sagte „Q3“. Die Dame zuckte die Achseln. Okay, wir folgten einem ihrer diversen Vorschläge und wandten uns nach links. Kurz darauf kamen wir zu einem Informationsschalter. Ich beobachtete einen Herrn, der vor mir dran war. Er gab sein Parkticket ab und legte Einkaufsbelege dazu. Das Ticket wurde daraufhin abgestempelt. Ich hatte im Parkhaus schon gelesen, dass man 3 Stunden kostenlos parken durfte, wenn man für 20 Euro einkauft. Das hatten wir locker geschafft.

Ich war dran, schob das Ticket und die Quittungen über den Tresen. Die Dame stempelte es ab und wies auf meine Frage in die Richtung, in der sich die Automaten befanden. Eine ganze Reihe davon fanden wir, doch wir wussten nicht so recht, was das nun sollte. Das Ticket war abgestempelt und wir brauchten es doch, um durch die Sperre des Parkhauses zu gelangen. Ein Spanier winkte mich zu sich und zeigte mir, dass ich das Ticket dort hineinstecken sollte, dann käme es registriert wieder heraus und wir müssten es im Parkhaus abermals in einen Automaten stecken. Nee, nee, nun kommt nicht auf die Idee ich würde kein Parkhaus kennen. Mir war nur nicht klar, warum das Ticket nun auch noch in diesen Automaten gesteckt werden sollte. Ist ja auch egal. Ich steckte rein, es kam wieder raus. Basta!

Dann fuhren wir mit dem Laufband und unserem Einkaufswagen eine Etage runter, denn schließlich waren wir ja zu Beginn unseres Besuches eine Etage rauf gefahren...oder? Der Durchgang zum Parkhaus war leicht zu finden. Was nur etwas eigenartig war: es stand kein einziges Auto drin. Hm. Merkwürdig. Zum Glück sah ich einen Angestellten und fragte nach dem Parkplatz Q3. Er meinte, ich müsse einen Stock nach oben fahren. Ich schaute Willi an. Wieso das denn? Aber was sollte es? Wir waren wirklich am Ende unserer Kraft und taten, wie der Mann uns auftrug: Wir fuhren mit dem Rollband einen Stock nach oben. Dort ging es dann gleich wieder raus in Parkhaus. Ich dachte, mich trifft der Schlag. Auf der linken Seite befanden sich Parkplätze mit den Nummern A2 und auf der rechten begannen sie mit A3. Aus der Schule weiß ich, dass der Buchstabe A ziemlich weit entfernt von Buchstaben Q liegt. Die Schlussfolgerung: Uns stand ein ausgedehnter Fußmarsch bevor. B3 – C3 – Himmel noch mal, das zog sich. Doch irgendwann kam N3, O3, P3 und da stand er auch schon, unser Dicker. Mit wirklich allerletzter Kraft wurden die Einkäufe im Kofferraum verstaut, ich durfte den Einkaufwagen zum nächsten Depot (waren nur ca. 20 Meter) zurück bringen und sank mit einem Seufzer in den Beifahrersitz.

Eigentlich wollte ich mich heute nicht mehr bewegen, doch die Einkäufe trugen sich ja nicht allein in den Wohnwagen und Mittagessen musste auch auf den Tisch. Willi hatte Hunger! - Ich war erst einmal platt und würde es sicher auch morgen noch sein.

26. Januar
 
Wir übersiedeln von Valencia nach Blanes an der Costa Brava.

Blanes, Lloret de Mar – wer kennt diese Touristenorte nicht? Doch wir hatten einen besonderen Grund, diese Orte noch einmal aufzusuchen, bevor wir Spanien später wieder verließen. Vor rund 20 Jahren war Blanes unser „Nest“ gewesen. Hierhin hatten wir uns nach unserem Kennenlernen verzogen, hier hatten wir unsere „Flittertage“ verbracht. Doch waren die Orte damals noch halbwegs übersichtlich, erkannten wir jetzt so gut wie nichts wieder. Wo war die kleine, verträumte Bar von damals? Wo der alte Spanier, der sofort Schälchen mit Tomaten und Knoblauchzehen auf den Tisch stellte? Statt dessen an jeder zweiten Ecke eine Giros-Bude, eine Pizzeria an der anderen und ein Campingplatz neben dem nächsten.Wir entdeckten neu, entspannten und ließen uns den frischen Wild um die Nase wehen. Zwar hatten wir immer noch kein TV im Wohnwagen, dafür aber ab und zu Internet, wenn der Platz über WiFi verfügte und vor allem ein Radio. Es wurde Ende Januar und die Wetterberichte ließen uns daran denken, demnächst die Rückreise nach Österreich einzuplanen. Natürlich nicht in einem Rutsch – es sollte ja ein Urlaub bleiben.


31. Januar

Ich sitze hier bei zwei Kerzen, ohne Strom und warte auf den Tag. Dem Himmel sei Dank ist der Akku meines Laptops noch voll, aber mehr als 2-3 Stunden gibt er nicht mehr. Wenn ich mich häufig verschreibe, bedenke man bitte, dass ich bei dem Kerzenlicht die schwarzen Tasten nicht gut sehen kann. Aufgestanden bin ich, da die Akkus meines Sauerstoffgerätes leer sind und dann wird mir das Liegen unmöglich. Jeder Lungenkranke kennt das. - Doch fangen wir beim Anfang unserer Reise an.

Es war geplant, gestern gegen 7 h vom Campingplatz in Blanes abzufahren. Die Rechnung hatte ich am Vorabend bereits bezahlt, so dass uns die Formalitäten nicht aufhalten sollten. Es ging mir ja die ganze Zeit schon ziemlich schlecht. Der Husten wollte und wollte nicht gehen und immer wenn ich mich hinlegte, kam kräftiger Schüttelfrost hinzu. So passierte es leider auch wieder in der Nacht vor unserer Abreise. Der Puls stieg an – wie immer, wenn ich Angst bekomme – der Husten zerriss mich fast. Es war soweit, dass Willi mich zur Notfallaufnahme ins Krankenhaus bringen wollte. Tja, aber wie? Der Campingplatz wird nachts hermetisch verriegelt. Nicht nur die Schranken sind herunter, auch ein Eisengitter macht es unmöglich den Platz zu betreten oder zu verlassen – nicht einmal zu Fuß! Vor 7.30 h sollte sich dieser Zustand auch nicht ändern. Ich beruhigte Willi und setzte mich an den PC. Damit suchte ich das Centro Salud (Gesundheitszentrum) in Blanes heraus. Gar nicht so einfach, denn alle Eintragungen im Internet sind leider in Katalan, was vom Castellano (Hochspanisch) total abweicht. Doch mit viel Geduld fanden wir es. Ich bat Willi, wieder ins Bett zu gehen, schluckte eine 10er Valium und trieb mich so lange im Internet herum, bis die Tablette zu wirken begann. Dann schlief ich ca. von 3 bis 6 h wie im Koma. Wir machten uns klar und tranken einen Kaffee, um 7.30 h fuhren wir dann erst einmal ohne den WW in Dorf. Das schwere Eisengitter vor dem Platz war gerade eben zur Seite geschoben worden. Ich dachte daran, was eigentlich passiert wäre, hätte ich in der Nacht einen Krankenwagen gebraucht...?

Das Centro Salud öffnete erst um 8 h, also durfte ich mich davor in die Kälte stellen und warten mit ein paar anderen Patienten, die nach uns nach eintrafen. Endlich ging die Tür auf. Ich schoss sofort auf die Aufnahme zu und erzählte ihr: Ich sei in Moraira resident, doch wir müssen dringend nach Deutschland, da es meiner Mutter schlecht ginge und bräuchte unbedingt ein Antibiotikum, da ich mir eine leichte Lungenentzündung eingefangen habe. Ich reichte der Angestellten meine SIP-Card, so eine Scheckkarte, worauf alle Daten verzeichnet sind, damit jeder Arzt sofort ein komplettes Bild hat.

Die Frau fragte nach meinem Namen und was davon Vor- und Nachname sei. Ich fragte sie daraufhin, ob sie meine Daten nicht aus der Karte ersehen könne. Die Antwort verblüffte mich über alle Maßen: „Nein, das ist zwar in ganz Spanien so, nicht aber in Katalonien!“ Ich konnte wirklich nur mit dem Kopf schütteln. Immerhin wurde ich an eine Ärztin weitergereicht, die mir ein Antibiotikum verschrieb. Nach nur 10 Minuten war alles überstanden. Willi und ich holten den WW, da die Apotheken natürlich in Spanien vor 9 h nicht öffnen. Auf den Wege zur Autobahn Richtung französische Grenze besorgten wir dann die kostbaren Tabletten.

Die Fahrt durch Frankreich verlief gut, bis auf die Tatsache, dass ich immer einschlief während der Fahrt. Die Valium in Verbindung mit den Antibiotika plus viel zu wenig Schlaf machten sich bemerkbar. Also hielt Willi auf einer Raststätte an und wir krabbelten so gegen 14 h beide in unsere Kojen, um einen Mittagsschlaf zu halten. Knapp zwei Stunden später schon stand der Zoll am Auto und schaute hinein. Willi war wach und sprach mit denen. Er erklärte, dass wir nur eine kurze Siesta machten und nein, zu verzollen hatten wir nichts. Sie trollten sich und wir fuhren weiter. Im Nachhinein ärgere ich mich über diese Pause, denn sie bescherte uns am Zielort in San Remo die Tatsache, dass der Campingplatz bereits geschlossen hatte. Direkt daneben gab es einen Abstellplatz, also einen bewachten Parkplatz, auf dem wir für die Nacht unter kamen. Hier befand sich u.a. das Winterlager eines Zirkus und noch so allerlei andere Wagen standen z.T. bewohnt, z.T. leer in der Gegend herum. Doch es gibt weder Strom noch Wasser und schon gar keine Toiletten. Der Akku meines spanischen Telefons ist auch leer und ohne Strom nicht auffüllbar. Wir haben zwar Wasser im Tank, aber die Pumpe funktioniert natürlich auch nicht ohne Strom. Also haben wir vergangene Nacht nur ein paar Kerzen angemacht, noch einen heißen Tee getrunken – Gas hatten wir ja wenigstens, also war es warm und wir konnten kochen - und sind dann schlafen gegangen. Der Akku meines Sauerstoff-Gerätes sollte ja eigentlich 10 Stunden halten. Doch die 2 Stunden am Mittag abgerechnet, waren es nur noch 8 und die stimmten auch nicht. Wir sind um 23.30 h ins Bett und knapp 5 Stunden später war der Akku mausetot.

Ich versuchte noch ein wenig zu schlafen, doch sobald die Sauerstoffzufuhr entfällt, fällt auch der Sauerstoffgehalt im Blut sehr schnell. Also stand ich lieber auf, bevor es zu Komplikationen kam. Willi stand auch auf, hat eine neue Gasflasche angehängt, da die alte nur nur ein winziges Koch- und Heizflämmchen zustande brachte. Dann schickte ich ihn wieder ins Bett. Was soll er denn auch hier auf das Tageslicht warten? Also wenigstens frieren muss ich nicht. Das habe ich aber in der Nacht getan. Ich stand dann irgenwann auf und zog einen Pullover über mein Nachthemd. Es war nicht zu kalt im Wagen, sondern meine Erkältung macht mir sehr zu schaffen.

5.50 h – Die ersten LKW sind gerade vom Platz gefahren. Der Regen trommelt leise auf das Dach und ich hoffe so sehr, dass es bald Tag wird. Ich bin ziemlich down. Die Fahrt von Aix en Provence bis Cannes zog sich unendlich. Und dann begannen die ganzen Viadukte und die unzähligen Tunnel. Die Abfahrt nach San Remo sollten wir nehmen. Taten wir auch. Aber wir befanden uns in schwindelerregender Höhe über dem Meer und nun ging es in Serpentinen hinunter ans Meer. Die Bremsen wurden natürlich heiß und ich schwitzte Blut und Wasser vor Angst. Wir waren im Endeffekt dankbar, wenigstens diesen bewachten Parkplatz zu ergattern. Um 8 h soll der von uns ausgesuchte Campingplatz in San Remo öffnen. Dann werden wir fragen, ob die einen Platz für eine Nacht frei haben, denn wir brauchen eine Pause. Willi muss das Auto durchsehen – der Dicke machte bei der Talfahrt ein merkwürdiges Geräusch – und ich brauche Strom, um in ein paar Stunden meine Akkus alle wieder aufgeladen zu haben. Ein weiterer, wichtiger Grund für eine Pause sind die Nachrichten, die mich per SMS erreichten. Angeblich soll in Italien der Aufstand ausgebrochen sein und zwar wegen der Erhöhung der Dieselpreise. Alle Tankstellen hätten geschlossen, die Menschen machen Hamsterkäufe und es sei auf keinen Fall ratsam durch Italien zu fahren, da man keinen Sprit nachtanken könne. Nun, gestern waren die Tankstellen alle geöffnet und die Benzinpreise lagen absolut mit Rahmen mit denen von Frankreich. Auch sonst ist hier alles ruhig, was natürlich nichts sagt. Gestern fragte ich auf einer Autobahnraststätte einen deutschen Brummifahrer und er bestätigte, dass es in Italien Probleme gäbe und die Tankstellen mit Streik gedroht hätten. Also bevor wie nun weiterfahren und evtl. mitten in Italien aus Benzinmangel stehen bleiben, werden wir erst einmal genau erforschen, was Sache ist. Unser Problem: wir haben im Moment keine Informationsmöglichkeit: Internet geht nicht, weil hier kein WiFi ist, Radio auch nicht, weil wir keinen Strom haben und die Nachrichten sowieso nicht verstehen könnten. Also heißt es abwarten, bis der Campingplatz nebenan öffnet, sich dort für einen Tag und die dazugehörige Nacht einzuquartieren und schauen, was Sache ist.

Es ist 9.15 h und wir stehen auf dem von uns ausgewählten Campingplatz in San Remo. Also ein richtiger Platz mit Duschen, Toiletten, Wasser, Strom und WiFi. Doch die Preise sind ja total durchgeknallt.



Im Internet stand 25 Euro pro Nacht. Zahlen müssen wir aber 30 + 3 Euro Strom + MwSt.. Warum? Weil kein preiswerter Platz mehr frei war. Hier wird alles mit einer campingeigenen Scheckkarte erledigt. Also so ähnlich, als ob man mit Glasperlen bezahlt. Wir haben eine Karte nehmen müssen, weil sie gleichzeitig der Schlüssel für den Campingplatz ist. Mit dieser Karte kann/soll man auch im Restaurant zahlen, wo es auch WiFi zu kaufen gab. Ich bin dann also eben los, habe mir die Duschen und Toiletten in ziemlicher Nähe angeschaut (sehr gut) und bin ins daneben liegende Luxus-Restaurant. Wer die Kellner sieht, weißt schon Bescheid. Draußen war die Karte angeschlagen. Donnerwetter! Das preiswerteste ist ein Menü für 12 Euro, ein schönes Menü, sicher, aber wir haben ja Ravioli in Dosen dabei.



Sobald ich ins Internet kann (6 Stunden 10 Euro, das haut einen um!), werde ich mich über den angeblichen Streik in Italien schlau machen, um unsere weiteren Reispläne mit Willi zu besprechen. Noch sind wir nahe der französischen Grenze und können zurück, um dann über die Schweiz oder Deutschland nach Österreich zu gelangen.

Ich bräuchte zwar unbedingt 2-3 Tage Ruhe, aber wenn kein Streik dazwischen kommt, machen wir uns morgen um 8 h auf den Weg. Es ist alles viel zu teuer – besonders der Sprit, der natürlich im Verbrauch steigt, wenn der Dicke unser Schneckenhaus mitziehen muss. Außerdem muss ich in Österreich bei unserer Rückkehr fast 400 Euro Miete für das Sauerstoffgerät bezahlen und der Campingplatz, den wir dort gebucht haben, will ganz sicher auch eine Anzahlung. Willi checkt heute den Wagen durch, damit wir keine unangenehmen Überraschungen erleben. Dann werde ich wie gesagt ein paar Fotos machen, obwohl es trübe und verhanden ist (aber es regnet wenigstens nicht).

01. Februar

Wir fahren weiter. Erst mal ein Stück zurück zur französichen Grenze, um von dort besser auf die Autobahn Richtung Genua zu gelangen. Die Serpentinen von San Remo hinauf auf den nächsten Viadukt kam für uns beide nicht in Frage. Aber in diesem Falle hatten wir google.maps und konnten die beste Route heraussuchen. Ein Umweg, sich, aber dafür eine gut befahrbare Strecke. Dazu noch einmal quer durch San Remo, eine wirklich bezaubernde Stadt, soweit ich das vom Auto aus mitbekommen habe. Hier blühte schon der weiße Ginster und die Landschaft war übersät mit den gelben Büschen der Mimosen. Doch wir fuhren ja gen Norden, dem Schnee entgegen.



Endlich oben auf einem Viadukt der Autobahn angekommen war erst einmal Schluss mit der Gemütlichkeit. Ein starker Wind, um nicht zu sagen Sturm war aufgekommen. Wir retteten uns von Tunnel zu Tunnel. Immer wenn wir wieder ein Viadukt überqueren mussten, wurde mir endlich klar, warum diese an den Seiten von hohen Stahlverstrebungen abgesichert waren. Es war einfach für den Schutz der Fahrzeuge gegen die Stürme. Bisher hatte mich diese Verunstaltung immer sehr beim Fotografieren geärgert, doch nun war ich dankbar, dass es sie gab.

Unsere Fahrt verlief ohne besondere Probleme und trotz meiner Abneigung machten wir auch dieses Mal wieder Station am Gardasee auf dem bereits beschriebenen Durchgangsplatz. 

Es ist genau 6 h, ich bin seit einer Stunde auf, da beide Akkus meines Sauerstoffgerätes leer sind. Diese Situation macht uns wieder einmal klar, dass "wild" campen für uns nie in Frage kommen wird, es sei denn, wir besorgen uns einen kleinen Leiseläufer (Stromgenerator). Doch diese Geräte haben ihren Preis.

Leider sind wir hier gestern so spät angekommen, dass wir niemanden von der Rezeption des Campingplatzes mehr antrafen. Doch das Tor war geöffnet, wir konnten wenigstens auf den Platz fahren. Es war ja nicht unsere erste Nacht ohne Strom. Wir haben die Gasheizung – inzwischen umgestellt von Butan, welches bei den Temperaturen anfängt zu flocken, auf Propan. Propan friert nicht ein, die Heizung läuft, kochen könnten wir auch. Wir haben halt nur kein Licht. Daher kann ich nur so lange am Laptop unseren Reisebericht schreiben, bis auch sein Akku leer ist.

Ja, wie kam es überhaupt dazu, dass wir von San Remo nicht nach Villach – unserer nächsten Station – sondern gleich durchgefahren sind nach Salzburg und weiter zum Wolfgangsee? Ganz einfach: Der Standplatz in Villach erklärte uns, es gäbe ein neues Gesetz, nachdem sie erst ab 1.3. Strom an Gäste abgeben dürften. Das war eine glatte Lüge. Leider war seine nette Ehefrau nicht da, die uns sicher sofort Strom gegeben hätte.

Wir wussten, dass es keine andere Möglichkeit in der Gegend gab. Der Wirt fragte, welche Richtung wir einschlagen wollten. Als ich Salzburg sagte, erklärte er mir, auf der Autobahn, ca. 15 km nach der Auffahrt, befände sich eine BP-Tankstelle. Die würden den Campern gegen Geld Strom für die Nacht verkaufen. Also sind wir auf die Autobahn Richtung Salzburg gefahren, die Tauernautobahn, die wir aus Sicherheitsgründen sowieso nehmen sollten.

Es hat sehr wenig geschneit in der gesamten Strecke der Tauernautobahn. Sie war frei, als hätte sie eine Bodenheizung. Einfach super. Die versprochene Tankstelle gab es natürlich nicht. Ich hatte mir schon gedacht, dass der Kerl uns nur vom Hof haben wollte. Da es zu dieser Zeit nur noch knappe 200 km nach Salzburg waren und noch nicht einmal 17 h, entschied sich Willi durchzufahren. Doch so eine Fahrt auf einer Autobahn durch die Berge mit einem Gespann zieht sich. Tunnel von 5 und 10 km Länge befanden sich dazwischen, in denen wir von LKW kräftig angehupt wurden. Sie durften nicht überholen, aber auch nicht schneller fahren als wir (90 km), trotzdem gab es ein Hupkonzert. Und das von gleich mehreren LKW mit ihren lauten Tröten innerhalb einer geschlossenen Röhre. Willi blieb ruhig, was nicht so einfach war. Doch wir fuhren unsere Höchstgeschwindigkeit und was die Herren LKW-Fahrer machten, war Nötigung. Willi hielt sich immer ganz rechts, so wie es sich gehört, doch die Brummis hatten nicht einmal die Geduld, das Ende des Tunnels abzuwarten. Das war schon eine Nervenprobe.

Endlich Salzburg. Wir wollten auf einen Platz fahren der sich in der Nähe des Mondsees befindet. Leider fanden wir den Platz nicht in der Dunkelheit. Willi hatte mit der Besitzerin ja schon gesprochen. Ein sehr schöner Platz, mit über 100 qm Mindeststellfläche für Dauercamper und dazu noch etwas preiswerter als ein anderer am Wolfgangsee. Doch es war dunkel, alle Fragerei auf Tankstellen half nicht, keiner wusste Bescheid. Ich fühlte mich nach Spanien zurückversetzt. Also fuhren wir in den nächsten Ort, um dort in einem Industriegebiet die Nacht zu verbringen. Als wir auf den riesigen Parkplatz bogen, stand dort nur einsam und allein ein Pkw. Wir fuhren ein Stück weg davon und machten den Wagen für die Nacht klar. Da sah ich, dass der Pkw plötzlich Gas gab und davon sauste. Hatten wir ein Liebespaar gestört? Das täte mir leid, doch wir standen ja weit genug entfernt und im Inneren war es dunkel, so dass man ohnehin nichts sehen konnte. Kurz und gut, nach einiger Zeit kam dieses Auto zurück und fuhr wie irre auf dem Parkplatz zwischen den zusammengeschobenen Schneehaufen herum, parkte sich rückwärts dicht bei uns ein, fuhr mit Vollgas wieder los, verließ den Platz, kam zurück – das Spielchen wiederholte er ununterbrochen wohl eine halbe Stunde lang. Da wurde es uns dann doch zu brenzlig. Was war von so einem Spinner zu erwarten?

Wir fuhren weiter und zwar machten wir wohl das einzig Vernünftige: Wir fuhren zum alternativ in Frage kommenden Campingplatz. Man konnte ohne Schranke direkt auf das Grundstück gelangen. Wir stellten uns gleich auf den ersten Platz, warfen die Gasheizung wieder an tranken noch einen Tee mit Schuss und gingen gegen 0 h ins Bett. Ich habe geschlafen wie eine Tote und Willi auch, bis das Sch...-Notgepiepse von dem leeren Akku und schlagartig weckte.

Um 7 h in der Früh war das Haus noch dunkel, aber der Brotlieferant war schon da. Willi ist gerade wieder unterwegs (eine rauchen und schauen, ob sich im Haus schon etwas tut). Wir brauchen so dringend Strom, damit wie die Umluft für die Heizung einstellen können. Nur dann wird es auch am Boden warm werden. Habe langsam Eisklötze an den Unterschenkeln.


15. Februar

Wir sind inzwischen auf "unserem Platz" angekommen. Hier werden wir uns für die nächsten Monate aufhalten, bevor es dann wieder nach Spanien geht - oder auch nicht...




 



 









Lilac Namez, Austria 2012




1 Kommentar:

  1. Gut geschrieben, herzlichen Dank. Was der Mensch alles aushalten kann bei Abenteuern in Europa ist schon erstaunlich. Welche Angebote es für Camper gibt aber auch!!!

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