Seiten

Mittwoch, 30. September 2015

Spaß mit spanischen Banken 
 
Habe ich Euch eigentlich schon einmal etwas über meine Bank erzählt? Ach, es gibt da so viele Geschichten, dass ich ganz den Überblick verliere. Doch eine davon will ich Euch nicht vorenthalten, denn sie ist so aussagefähig für alle Leute, die sich hier in Spanien ein Konto zulegen möchten/müssen.

Bei meiner Lieblingsbank bin ich nun schon seit 1995. Damals arbeitete ich gleich um die Ecke in einem Steuerberatungsbüro. Ich hatte meine eigene Filiale und war „mein eigener Herr“. So vergab ich oft und reichliche Empfehlungen für alle möglichen Dienstleistungen. Die Kunden – meist Spanienneulinge – waren dankbar. Nein, um es gleich ganz klar zu sagen: ich bekam weder Kommission noch ein Dankeschön. Ich tat es für die Kundenzufriedenheit.

Und genau bei dieser – von mir so verwöhnten - Bank geschah eines Tages Folgendes:

Ich musste 400 Euro von meinem Konto abheben, da ich exakt diesen Betrag zur Begleichung einer Rechnung benötigte (gibt viele Leute in Spanien, die Bargeld bevorzugen). Ich also zu meiner Kassiererin und trug ihr mein Anliegen vor. Null Problemo. Ich kannte sie lange und hatte absolutes Vertrauen. Also setzte ich gar nicht erst meine Brille auf, ohne die ich ziemlich blind bin. Immerhin konnte ich klar genug erkennen, dass sie 8 Scheine a 50 Euro vor mich hinblätterte. Sie reichte mir die Quittung, die ich dann (blind) unterschrieb. Soweit so gut.

Am darauf folgenden Tag klingelte morgens mein Telefon. Die Bank war dran. Man teilte mir mit, dass ich versehentlich statt 400 ganze 800 Euro erhalten habe. Ich möchte doch bitte vorbei kommen, um die überzahlten 400 Euro zurück zu bringen. Hm! Ich holte den Beleg aus meiner Tasche, setzte die Brille auf die Nase und las klar und deutlich: 400 Euro. Das war der Betrag, den ich verlangte, den ich bekam und für den ich quittierte. Ich nahm den Hörer wieder in die Hand und teilte der Dame mein Bedauern mit. Ich würde nichts zurück zahlen, denn ich hatte erhalten, für was ich quittierte. Was mir daraufhin aus dem Hörer entgegenschallte, ließ mich glatt vom Glauben abfallen:

„Wenn Sie nicht geneigt sind, den Betrag an unsere Filiale zurück zu zahlen, werden wir Ihr Konto damit belasten!“

„Waaaaaas?“, fragte ich aufgebracht, „Sie werden überhaupt nichts meinem Konto belasten. Ich habe 400 Euro bekommen und quittiert. Wagen sie es ja nicht!“

Doch sie wagte es, wie ich nach einer halben Stunde beim Blick auf mein Konto im Computer wahrnehmen musste.

So schnell hatte ich mich - glaube ich - noch nie angezogen und schon saß ich im Auto Richtung Bank. Ich verlangte sofort den Filialleiter zu sprechen. Und dann gab es ein wildes Palaver. Er stand voll und ganz hinter seiner Kassiererin (wunderbarer Chef, wünschte ich mir auch!). Er vertraue ihr, meinte er. Auf meine Frage, wieso sie eigentlich darauf kämen, ich hätte 400 Euro zu viel ausgezahlt bekommen, gab es eine verblüffende Erklärung:

„Wir hatten gestern beim Kassensturz 400 Euro zu wenig!“

Aha! Ich fragte: „Und wieso habe ich die bekommen? War ich die einzige Kundin gestern?“

Die kleine Kassiererin wurde rot und meinte: Nein, aber sie wüsste ganz genau, dass sie mir zu viel Geld ausgezahlt hätte.

Ich erinnerte sie daran, dass sie den Betrag nicht nur abgezählt aus dem Geldspender empfing, sondern auch noch einmal durch die Zählmaschine hatte laufen lassen.

Egal! Ich hatte zu viel Geld erhalten und müsse es nun zurück zahlen.

Ich wandte mich abermals an den Filialleiter und erklärte ihm:

„Wenn Sie die mir bereits abgebuchten 400 Euro nicht sofort zurück auf mein Konto anweisen, werde ich sie nicht nur um die Hojas de Reclamaciones bitten (Beschwerdebuch), sondern die Polizei einschalten.“ Ich schaute die Kassiererin an und fuhr fort:

„Ich will Ihnen nichts unterstellen, doch wenn Sie meinen, ich hätte mich an 400 Euro aus Ihrem Kassenbestand bereichert, so muss ich mich fragen, ob Sie nicht vielleicht gerade 400 Euro gut gebrauchen konnten!“

Daraufhin herrschte eisiges Schweigen.

Der Filialleiter gab die Anweisung, mir den abgebuchten Betrag auf mein Konto zurück zu buchen, drehte sich um und verschwand in seinem Büro, wobei er die Tür deutlich hörbar hinter sich ins Schloss fallen ließ.
Das Kassenmädchen musste den Verlust übrigens nicht aus ihrer eigenen Tasche ersetzen. Alles klar?

Das Schöne an Spanien ist: man kann hier Jahrzehnte leben und doch immer wieder überrascht werden vom Einfallsreichtum der Banken.

Mein Willi und ich besitzen seit rund 15 Jahren bei einer Bank ein gemeinsames Konto mit zwei dazugehörigen Visa-Karten. Eine für ihn und eine für mich. Das ging 14 Jahre gut. Meine Karte schlummerte im Schrank und wurde nur herausgenommen, um sie ab und zu gegen eine neue umzutauschen, wenn das Verfallsdatum erreicht war. Willis Karte war laufend im Einsatz. Sie ist so schön goldfarben und er sonnt sich im Wahn, eine Visa Gold-Card zu besitzen. Da kann ich sagen was ich will. Willi hält daran fest.

Vor einem Jahr begannen sich auf meiner Schlaf-Karte merkwürdige Buchungen abzuspielen. Erst bekam ich es gar nicht mit, obwohl ich jeden Tag per Internet die Kontostände prüfe (das macht jeder, der einige Zeit mit spanischen Banken zu tun hatte). Aber ich hatte einfach nicht auf den Saldo dieser Visa geschaut, da der sich ja seit 14 Jahren permanent auf Null befand.

Rein zufällig entdeckte ich dann den Saldo. 40 Euro standen plötzlich auf meiner Karte im Minus. Eine Woche später waren es bereits 90 Euro. So machte ich mich also auf den Weg zu meiner Filiale – telefonisch kann man nichts klären, habe ich schon bis zum Abwinken versucht. Ich legte meine Karte vor und bat um Aufklärung.

Nun, meinte die Dame am Schalter, ich hätte die Karte wohl verwendet. Auf mein wirklich nachdrückliches „Nein“ schaute sie rund eine halbe Stunde gebannt auf den Bildschirm Ihres PC, dann nahm sie den Telefonhörer in die Hand und rief bei Visa an. Das Gespräch nahm wieder einige Zeit in Anspruch, dann legte sie auf und teilte mir strahlend mit, man würde die Angelegenheit klären. Ich erhielte innerhalb der nächsten zwei Tage einen Anruf.

Das war eine Lüge – denn in Spanien erhält man so gut wie nie einen Rückruf einer Bank, einer Behörde oder gar eines Lieferanten. Nach einer Woche war der Saldo wie durch Geisterhand von meiner Karte verschwunden – ohne Anruf der Bank selbstverständlich. Ich war’s zufrieden, die Sache damit erledigt. Rund drei Monate herrschte Ruhe auf meiner Karte bis sich eines Tages doch wieder eine kleine Buchung in Höhe von 55 Euro dort einnistete. Misstrauisch behielt ich die Sache zunächst im Auge, doch als nach einem Monat der Saldo um weitere 60 Euro aufgestockt wurde, war mein nächster Weg zur Bank.

„Berta“, die mir inzwischen vertraute Kassiererin, schüttelte den Kopf über die erneute Dreistigkeit von Visa. Sie versprach Klärung und einigermaßen beruhigt ging ich nach Hause.

Nach zwei Monaten war der Saldo jedoch nicht etwa getilgt, sondern fröhlich auf inzwischen 250 Euro angewachsen. Ich ließ den Kontoauszug ausdrucken und ging abermals zur Bank. Berta lief rot an, als ich ihr den Bogen vorlegte und griff sofort zum Telefonhörer. Das Gespräch mit Visa verlief kurz und bündig. Die Röte in Bertas Gesicht hatte sich vertieft und stotternd wiederholte sie mir die Aussage von Visa:

Bei den Buchungen auf meiner (ruhenden) Visa-Card handelt es sich nur um Zahlen. (Ach ja?) Ich sollte mich nicht darum kümmern, denn schließlich und endlich sei mein Konto ja wohl noch nie damit belastet worden (Das stimmte!). Diese Zahlen seien Visa-intern und sollten mich nicht tangieren. 

(Auf Deutsch: ich sollte endlich die Klappe halten!)

Okay. Da ich die Karte wirklich nur zur Sicherheit besaß und die Buchungen tatsächlich niemals meinem Konto belastet worden waren, ließ ich die Sache zunächst auf sich beruhen. Es ging lustig weiter mit den Buchungen. Bis vor einem Monat. Der Saldo auf meiner bis dahin jungfräulichen Karte betrug inzwischen 390 Euro. Nun brauchte ich sie ganz plötzlich, da mein Willi zu seiner Familie gereist war. Ich musste also etwas einkaufen. – Kaum wieder daheim, schaute ich mir den Saldo auf meiner Visa an. Der Einkauf war mit 25 Euro verbucht, die alte Belastung von 390 Euro stand ebenfalls noch auf der Karte.

Es kam Ultimo und damit wuchs die Spannung in mir, was nun wohl auf meinem Konto geschehen würde. Und es geschah, was ich zwar befürchtet aber doch nicht geglaubt hatte: man buchte mir die 25 Euro für meinen Einkauf zuzüglich der 390 Euro von meinem Girokonto ab. Also jene 390 Euro, die doch gar kein Saldo sondern nur buchungsinterne Zahlen waren, welche mich nicht tangierten. Jeder kann sich nun vorstellen, wie schnell ich auf meiner Bank war. Das dort folgende Gespräch dauerte mehr als eine Stunde. Zu meinem Ärger war Berta (das freundliche und in den Sachverhalt eingewiesene Kassenfräulein) inzwischen versetzt worden. Angeblich wusste niemand von dem vorangegangenen Ärger mit Visa. Es wusste auch niemand, dass ich seit 15 Jahren Kunde dieser Bank war und aufgrund meines Berufes viele Neukunden vermittelt hatte. Personalwechsel = alles auf Null.

Doch man hatte eine Lösung für mich. Anstatt die gleiche Karte wie mein Mann für unser Konto zu benutzen, sollte ich eine Extra-Karte bekommen, die absolut getrennt abrechnet würde. Einen Tag später bereits überreichte man mir strahlend einen Umschlag. Überraschenderweise befanden sich daran gleich zwei Kreditkarten: Visa und American Express. Begeistert klärte man mich auf, dass die Banco P... sich einen ganz besonderen Service für ihre treuen Kunden ausgedacht hat: zwei Karten zum Preis von einer. Und mit der American Express hätte ich den Vorteil auf all meine Einkäufe 1 % Rabatt zu erhalten, an gewissen Tankstellen sogar 5 %. Am Wichtigsten aber war, dass so auch eine „Kontobereinigung“ stattfinden sollte. Ich las mir den Vertrag durch und akzeptierte. Endlich sollte das Buchungsdurcheinander ein Ende haben.

Willi war neidisch, denn meine Visa war nun platinfarben und er ging sofort davon aus, dass ich nun die Platin-Card besitze, während er immer noch mit seiner Gold-Card rummacht. Männer!

Gleich am nächsten Tag machte ich einen Einkaufsversuch mit der American Express (wegen des 1 %igen Rabattes!!!) bei dem Supermarkt-Riesen Mercadona. Doch ach und weh – die Karte funktionierte nicht. Ich versuchte es mit der neuen Visa – das klappte ohne Probleme. Da sich das Mercadona nicht weit von meiner Bankfiliale befindet, bin ich sofort auf dem Heimweg dort vorbei gefahren, um nachzufragen, was denn nun schon wieder falsch gelaufen sei. Was ich dann zu hören bekam, überraschte mich wirklich mal wieder – und das nach 15-jähriger Erfahrung mit dieser Bank:

Bank: „Jaaaa, die American Express Card wird ja nur von großen Unternehmen akzeptiert!“

Ich - „Ach, und Mercadona, eine der größten Supermarkt-Ketten in Spanien, zählt dann wohl zu den Tante-Emma-Läden, oder?“

Bank - „Naja, also mit groß meine ich Läden wie Corte Ingles (das teuerste Kaufhaus in Spanien, ca. 100 km entfernt) oder die Carrefour-Kette (bei mir in der Gegend nicht vertreten). Aber Sie haben doch immer noch die Möglichkeit bei den ...Tankstellen mit 5 % Rabatt zu tanken!“, meinte der Filialdirektor strahlend zum Gesprächsabschluss.

Man riet mir noch, doch mal im Internet auf die Bankseite zu gehen und alles über meine neuen Kreditkarten nachzulesen. Das tat ich dann auch sogleich. Auf Seite 17 der 25 Seiten langen Geschäftsbedingungen zur Nutzung der American Express Card stand dann zu lesen (merkwürdigerweise in sehr viel kleineren Buchstaben als der gesamte Rest): ab dem zweiten Nutzungsjahr der Karte beträgt die Jahresgebühr 70 Euro! Diesmal griff ich zum Telefonhörer und rief bei der Bank an. Auf meinem Vertrag steht 28 Euro Jahresgebühr für beide Karten zusammen (auch wenn ich nur eine will, geht halt banktechnisch nicht anders!) und im Internet sind es nun plötzlich allein für die American Express 70 Euro im Jahr.

Die Dame fragte mich leicht pikiert, wo ich das denn nun schon wieder gelesen hätte. 
„Auf Ihrer eigenen Homepage“, gab ich nun auch etwas ungehalten zurück.
Sie öffnete die Seite an ihrem PC. Ich navigierte sie zur entsprechenden Stelle. Ruhe trat ein. Dann ein: „Moment, da muss ich mal eben nachfragen!“

Der Hörer wurde zugehalten und sie sprach mit dem Filialleiter. Nach langer Zeit nahm sie die Hand von der Sprechmuschel und meinte: „Also darum brauchen Sie sich nun wirklich nicht zu kümmern. Das stimmt so nicht. Sie zahlen 28 Euro im Jahr. Gaaaanz sicher!“

Tja, so sprach sie. Und was mache ich, wenn im nächsten Jahr mal wieder das gesamte Personal ausgewechselt wird? Mich niemand mehr kennt und keiner je diese Aussagen hörte?

Ich habe die Geschäftsbedingungen nun ausgedruckt und bin am Montag wieder bei meiner Filiale. Dann will ich eine schriftliche Zusage – oder die nehmen die verdammte American Express-Karte zurück.

Ach, übrigens: wir sind nun auf der Suche nach einer ...Tankstelle in unserer Gegend. Es lohnt sich ja nicht, über 100 Kilometer weit zu fahren, nur um dann 5 % am Sprit zu sparen, dessen Preis wahrscheinlich eh höher ist als der bei unserer Tankstelle um die Ecke.


© Lilac Namez, Spanien 2010


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen